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P R O S T A T A

PROSTATA > Prostataoperationen


PROSTATAOPERATIONEN - LEBENSQUALITÄT


Auszug aus dem Vortrag 28.1.2005, aktualisiert 2021
von Wilhelm A. Hübner


Eine notwendige Prostataoperation wird von vielen Männern als schicksalshaftes Ereignis betrachtet und man tritt ihr eher angstvoll gegenüber. Immerhin sind 20 % aller europäischen Männer mit einem derartigen Eingriff konfrontiert.
Es stellen sich dann Fragen wie:
Bin ich überhaupt noch ein Mann? Werde ich Windeln brauchen? Ist die Erektion für immer verloren? Kann ich noch einen Orgasmus haben? Muss ich einen Katheter tragen?, Werde ich gar bald sterben? Und vor allem, ist die Operation wirklich notwendig?
Derartige Fragen werden in dieser Situation an Ärzte und vor allen Dingen an Urologen herangetragen.

Ich möchte im Folgenden auf diese Fragen auf verschiedene Wege antworten:


Lokalisation der Prostata


Die Prostata liegt an der Verbindungsstelle zwischen Blase und Harnröhre



und hat unter anderem 2 wichtige Funktionen:

Sie unterstützt die Kontinenzfunktion und sie stellt auch die Verbindung zwischen Harntrakt und Samenleiter dar. In diesem Bereich münden die Samenleiter in die Harnröhre, so dass es zu einem Samenerguss durch die Harnröhre kommen kann.
Der wichtigste Punkt zum Verständnis der Veränderungen nach Prostataoperation ist die grundsätzliche Unterscheidung zwischen gutartiger und bösartiger Vergrößerung der Prostata, da sich auch die Operationsmethoden an dieser Grunddiagnose orientieren müssen.
Ca. 60% aller Männer über 50 Jahre sind mit einer gutartigen Prostatavergrößerung (Prostataadenom) konfrontiert.
Die Beschwerden einer solchen Prostatavergrößerung im Anfangsstadium sind in erster Linie vermehrtes nächtliches Wasserlassen, häufigerer Harndrang, Strahlabschwächung und Strahlverzögerung.
6-9 % aller europäischen Männer erkranken an einer bösartigen Prostatavergrößerung (Prostatacarcinom). Die möglichen Beschwerden im Anfangsstadium sind ebenfalls nächtliches Wasserlassen, Harndrang, Strahlabschwächung usw., allerdings kann sich ein Prostatacarcinom auch völlig ohne Beschwerden entwickeln, so dass die jährliche Vorsorgeuntersuchung ab 45 Jahren unbedingt für eine Früherkennung notwendig ist.
Prostataadenome, also gutartige Vergrößerungen können medikamentös oder durch operative Eingriffe behandelt werden. Beim Prostatacarcinom kann die Behandlung durch Operation, Strahlentherapie, aber auch hormonell oder abwartend vorgenommen werden, es gibt Chemotherapien und auch verschiedene moderne Alternativen. Mein heutiger Vortrag bezieht sich allein auf die Lebensqualität nach operativen Eingriffen an der Prostata, sowohl nach gutartigen oder bösartigen Prostataveränderungen.

Die Frage "werde ich bald sterben" ist in aller Regel mit Nein zu beantworten, die Frage, ob eine Operation unbedingt notwendig ist, muss mit großem Verantwortungsbewusstsein und entsprechendem Wissen vom jeweils behandelnden Urologen beantwortet werden. Es ist sicher in vielen Fällen möglich, auf eine Operation zu verzichten.
Die übrigen Fragen beziehen sich im wesentlichen auf die 2 gefürchteten Spätfolgen, Inkontinenz und Impotenz.

Sie haben hier nochmals die Abbildung der Prostata, und ich habe hier auch das so genannte neurovaskuläre Bündel eingezeichnet, es beinhaltet Nervenfasern, die vor allen Dingen bei der Erektion, aber auch bei der Kontinenz eine wichtige Rolle spielen.
Die wichtigste Unterscheidung zwischen den verschiedenen Operationsmethoden ist, ob nur das so genannte Adenom entfernt wird, das sind Teile innerhalb der Kapsel, um einfach die Größe des Organs zu verkleinern, dabei wird das neurovaskuläre Bündel praktisch nicht berührt.



Bei der Carcinomentfernung ist die Situation anders. Hier muss man aus Gründen der Radikalität in vielen Fällen so operieren, dass das neurovaskuläre Bündel beschädigt oder sogar mitentfernt wird. Der Eingriff heißt deswegen auch radikale Prostatovesikulektomie, das heißt, dass auch die Samenblasen und Teile der Samenleiter mit entfernt werden.



Sie können sich vorstellen, dass dadurch das postoperative Leben weit mehr betroffen ist.


Operationen bei Prostataadenom


Der häufigste Eingriff ist die so genannte TUR/P, steht für transurethrale Resektion der Prostata, im Volksmund Aushobelung genannt. Dieser Eingriff kann heute als Goldstandard bezeichnet werden, die meisten Adenome werden auf diesem Weg entfernt. Sie sehen hier das eingeführte so genannte Resektoskop und in kleinen Teilen wird die Prostata zerkleinert und danach ausgespült. Logischerweise wird bei diesem Eingriff das außerhalb der Kapsel liegende neurovaskuläre Bündel nicht beeinträchtigt.



Die Eingriffsdauer beträgt ca. 30-60 Minuten, Katheterliegezeit 2-3 Tage, Spitalsaufenthalt 3-6 Tage, dieses Verfahren eignet sich Idealerweise für Adenome bis etwa 70 g.
Eine weitere klassische Methode ist die so genannte suprapubische Adenomektomie (SPE), vielfach als Ausschälung bezeichnet.
Im Gegensatz zur transurethralen Operation durch die Harnröhre wird hier über einen ca. 10cm langen Unterbauchschnitt operiert. Hier ist das Schema, Sie sehen, dass mit dem Zeigefinger zwischen der Kapsel und dem vergrößerten Adenom stumpf eingegangen wird und das Adenom vollständig aus der Kapsel gelöst wird wie aus einer Schale.




Der Vorteil ist, dass man das gesamte Adenomgewebe auf einen Sitz entfernen kann. Sie sehen, dass außerhalb der Kapsel, wo das neurovaskuläre Bündel verläuft, eigentlich überhaupt nicht operiert wird. Die SPE dauert etwa 40 Minuten, Katheter liegt 4-5 Tage, Spitalsaufenthalt eine knappe Woche. Diese Methode eignet sich besonders für größere Adenome.
Ein wichtiger Punkt bei beiden Methoden ist, dass das gesamte Adenomgewebe zwischen der Mündung des Samenleiters und der Blase entfernt wird, so dass in vielen Fällen bei einem Samenerguss dieser den Weg des geringsten Widerstandes wählt und der ist in diesen Fällen nicht nach außen durch die Harnröhre, sondern zurück in die Blase.



Dieses Phänomen beeinflusst zwar in keiner Weise Erektion und Lustempfinden, aber der Samenerguss findet als so genannte "retrograde Ejakulation" statt, d.h. es ist im Moment des Samenergusses keine Samenflüssigkeit an der Harnröhrenöffnung zu sehen, der Samen geht erst mit der nächsten Harnportion ab.

Und schließlich die endoskopische Prostatektomie (ERPE), also die knopflochchirurgische Prostataentfernung. Bei diesem Eingriff wird über 5 kleine Schnitte die Prostata aufgesucht und entfernt.
Die Eingriffsdauer beträgt mit moderner Technik ca 2 Stunden, Katheterliegezeit ähnlich den anderen Methoden. Die Vorteile der Methode liegen in erster Linie in wesentlich geringerer Belastung der Patienten hinsichtlich postoperativer Schmerzen und Spitalsaufenthalt, desweiteren ist durch die Vergrösserung des Bildes durch die Kamera eine besonders schonende Präparation der Nervenstränge möglich. Dies wirkt sich positiv auf das funktionelle Ergebnis (Kontinenz, Erektion) aus. Derzeit machen diese Eingriffe ca 90% unserer radikalen Prostatektomien aus.
Ähnlich der laparoskopischen Methode kann auch ein „Operationsroboter“ eingesetzt werden. Hier bedient der Operateur unsteril ferngesteuerte Operationsarme, die ähnlich der Laparoskopie über 5 kleine Incisionen in den Körper eingebracht werden. Diese elegante Methodeist für den behandelnden Urologen durch die entspannte Sitzposition an einer Konsole sehr angenehm, Vorteile gegenüber der Laparoskopie sind dzt nicht nachzuweisen. Die OP Dauer ist durch den Aufbau und Anschluss des Roboters etwas verlängert, alle anderen Parameter entsprechen der Laparoskopie.

Welche der Methoden schliesslich anzuwenden ist, entscheidet sich wie gesagt nach Prostatagröße, Lymphknotenstatus, Gleasonscore, PSA-Wert, nicht zuletzt auch nach der Expertise und Präferenz des Operateurs im spezifischen Fall. 

Bei allen 3 Methoden kann das neurovaskuläre Bündel geschont werden, in vielen Fällen ist es aber aus Radikalitätsgründen notwendig dieses Bündel mit zu entfernen.

Ich möchte nun auf die Lebensqualität nach Adenomoperationen eingehen, also den Operationen nach einer gutartigen Prostatavergrößerung und hier auf Inkontinenz und Impotenz, deshalb auch auf die Inkontinenz, weil es kaum ein Sexualleben gibt, wenn die Kontinenzfrage nicht gelöst ist.
Als Ausgangsinformation ist es wichtig zu sagen, dass Männer im Prädilektionsalter für Prostataoperationen also von 50 bis 70 Jahre, durchschnittlich mit einer Inkontinenzrate von 5-15 % belastet sind. In den wissenschaftlichen Arbeiten wird die Inkontinenzrate nach TUR/P oder suprapubischer Adenomektomie jedoch nur mit 1-3% angegeben, das scheint zu bedeuten, dass Patienten, die sie sich einer solchen Operation unterziehen nicht mehr, sondern weniger inkontinent sind, als die Durchschnittbevölkerung.
Das erscheint im ersten Moment überraschend, lässt sich aber gut erklären.
2004 ist im Urologic Research eine sehr gute Arbeit von Deliveliotis und Mitarbeitern erschienen, die sich mit den Fragen der Langzeiteffekte von Prostataoperationen auf die Lebensqualität befasst. Deliveliotis hat 441 Patienten analysiert und diese vor und 2 Jahre nach der Prostataoperation untersucht, sowohl bei radikaler Prostatektomie als auch bei TUR/P. Diese wurden einer nicht operierten Kontrollgruppe gegenüber gestellt. Bei der nicht operierten Kontrollgruppe betrug die Inkontinenzrate 5,8 %, bei den Patienten vor einer TUR/P dagegen 12 %. Das heißt nichts anderes, als dass die Patienten, die zu einer Prostataresektion anstehen, bezüglich der Inkontinenz eine Negativauslese darstellen, also schlechter beisammen sind, als die Normalbevölkerung. Nach der TUR/P betrug die Inkontinenzrate allerdings nur 2,8 %, d.h. dass diese Gruppe besser da steht als die Normalbevölkerung. Dies ist dadurch zu erklären, dass vor allen Dingen eine Dranginkontinenz wo der Patient durch heftigen Harndrang das WC nicht mehr erreicht oder auch eine Überlaufinkontinenz durch eine solche Operation geheilt werden können.
Ich halte fest, Inkontinenz nach Adenomoperationen nimmt eher ab, eine so genannte De novo-Inkontinenz also eine die vorher nicht da war und nach der Operation doch vorhanden ist, stellt eine absolute Ausnahme dar.
Wie sieht es nun wirklich mit der Impotenz nach Adenomoperationen aus? Dabei ist es allerdings wichtig zwischen der Libido, der Erektion und der Ejakulation zu unterscheiden. Ich bitte jetzt um eine Minute Auszeit für eine Definition des Begriffes LUTS.
LUTS bedeutet lower urinary tract symptoms, das sind Beschwerden Harndrang, Schmerzen bei der Miktion, schwacher Harnstrahl, usw., also alles Dinge, die durch eine Prostatavergrößerung verursacht werden können.
In mehreren Studien unter anderem bei der so genannten Kölner Studie an knapp 2000 Patienten hat sich folgendes gezeigt: Männer verschiedenen Alters haben naturgemäß eine unterschiedliche Rate an Erektionsproblemen. Diese Folie zeigt die Rate an Erektionsproblemen in verschiedenen Altersgruppen, also z.B. bei 30-39-jährigen beträgt diese Rate unter 10%, aber zusätzlich ist hier auch unterschieden in Patienten, die unter LUTS leiden oder nicht.



Prävalenz der ED bei Männern mit und ohne Miktionsstörungen nach Alterspruppen (Kölner Studie)



Dabei zeigt sich, dass die Impotenzrate- oder besser ED-Rate (für erektile Dysfunktion) bei Patienten mit LUTS z.B. bei 50-60-jährigen 3 x so hoch ist als bei den Altersgenossen ohne LUTS. Anders gesagt, ist ein Mann mit LUTS oder eben Prostatabeschwerden in Bezug auf die Erektion 10 Jahre älter als ein Mann ohne LUTS.
Bei der MSAM7-Studie in der 14.000 Männer inkludiert wurden, wurde die selbe Frage noch zusätzlich unterschieden in Patienten mit starken, weniger starken LUTS bzw. Patienten völlig ohne LUTS, hier in den roten Balken.


MSAM-7-Studie: Abnahme der Erectile fubnktion index mit dem Alter und der LUTS


Gemessen wurde der erektile Function-Index und auch hier zeigt sich, dass starke LUTS den Patienten sogar um 20 Jahre altern lassen.
Damit drängt sich der Umkehrschluss auf, kann durch die Therapie der LUTS eventuell die Erektion sogar verbessert werden.
Wir schlagen wieder nach bei Deliveliotis und zwar wieder für die TUR-Patienten. Dabei zeigt sich, dass das Verlangen, also die Libido naturgemäß durch eine solche Operation nicht signifikant verändert wird, aber die Rate von Patienten mit einer jederzeit verlässlichen Erektion steigt tatsächlich nach TUR/P von 38 auf 44 % an. Entsprechend den Abbildungen, die ich Ihnen früher gezeigt habe, ist es allerdings so, dass die Rate an fehlenden Ejakulationen von präoperativ 30 auf 60% ansteigt.
Ich darf also für die Adenomchirurgie zusammenfassen, Libido bleibt unbeeinflusst, Erektion wird in der Regel eventuell sogar etwas besser, die Ejakulation geht in der Hälfte aller Fälle verloren, Inkontinenzsituationen werden eher verbessert und in Summe dient dieser Eingriff natürlich der Verbesserung im Hinblick auf lower urinary tract symptoms.

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*** Bitte beachten Sie auch den Punkt Prostata > minimal invasive Behandlung bei gutartiger Vergrößerung (Rezum) ***
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Operationen zur Entfernung eines Carcinoms


Als erstes ist hier die so genannte radikale retropubische Prostatektomie zu nennen, die im ostösterreichischen Raum wahrscheinlich derzeit am meisten angewendet wird. Bei diesem Eingriff wird über einen Bauchschnitt eingegangen, meistens über einen Längsschnitt, aus kosmetischen Gründen kann man auch einen so genannten Pfannenstielschnitt machen, der dann gut unter der Badehose verschwindet.



Dieser Eingriff dauert insgesamt etwa 3 Stunden, Katheterliegezeit 10-14 Tage, Spitalsaufenthalt 7-16 Tage. Dieser Zugangsweg ist ideal für größere Drüsen, bei höherem PSA oder wenn ein erhöhter Risiko für Lymphknotenbefall besteht. Bei uns machen die retropubischen Prostatektomien etwa 25 % der radikalen Prostatektomien aus.
Bei der radikalen perinealen Prostatektomie wird die Prostata über einen Dammschnitt entfernt.



Über diesen Zugangsweg ist man sozusagen näher an der Prostata dran und manche Schritte des Eingriffes lassen sich deswegen besonders genau durchführen.



Der Schnitt ist natürlich noch diskreter als bei der retropubischen Prostatektomie. Eingriffsdauer ist kürzer, Katheterliegezeit auch, Spitalsaufenthalt 7-12 Tage. Dieser Zugangsweg ist ideal bei einer kleinen Prostata, niedrigem PSA, einen Vorteil bietet er auch bei adipösen Patienten, wenn man nicht durch die dicke Bauchdecke operieren muss. Diese Eingriffe machen bei uns etwa 65% der Prostatektomien aus.
Und schließlich die laparoskopische Prostatektomie, also die knopflochchirurgische Prostataentfernung, die in letzter Zeit immer wieder besprochen wird. Bei diesem Eingriff wird über 5 kleine Schnitte die Prostata aufgesucht und entfernt.



Die Eingriffsdauer ist deutlich länger als bei den anderen Methoden, Katheterliegezeit ähnlich, Spitalsaufenthalt 7-14 Tage. Der Eingriff ist bei stärkerer Adipositas erschwert, es besteht zwar ein geringeres Trauma als bei der retropubischen Prostatektomie, die Vorteile des Vorgehens sind aber nicht eindeutig nachgewiesen. Wir haben am Humanis Klinikum Niederösterreichweit die erste laparoskopische Prostatektomie vor 4 Jahren durchgeführt, derzeit machen diese Eingriffe 5-10% unserer radikalen Prostatektomien aus.
Bei allen 3 Methoden kann das neurovaskuläre Bündel geschont werden, in vielen Fällen ist es aber einfach aus Radikalitätsgründen notwendig dieses Bündel mit zu entfernen.
Welche der Methoden nun anzuwenden ist, entscheidet sich wie gesagt nach Prostatagröße, Lymphknotenstatus, so genannten Gleasonscore, PSA-Wert, nicht zuletzt auch nach der Präferenz des Operateurs.
Es ist mir wichtig zu betonen, dass Faktoren Katheterliegezeit, Spitalsaufenthalt, etc. zwar für die Statistik interessant sind, auf den Patienten bezogen, muss man aber sagen, dass es sich hier um eine Projektplanung von zumindest 20 Jahren handelt, und gemessen daran sind diese statistischen Werte meines Erachtens völlig unwichtig im Hinblick auf die Lebensqualität unserer Patienten.

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*** Bitte beachten Sie auch den Punkt Prostata > minimal invasive Behandlung bei bösartiger Vergrößerung (HIFU) ***

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Inkontinenz und Impotenz nach Carcinomoperationen


Bezüglich der Inkontinenz wissen wir schon, dass in dieser Altersklasse in der Kontrollgruppe etwa 6 % inkontinent sind. Die Inkontinenzrate vor einer geplanten radikalen Prostatektomie beträgt in diesem Fall nur 2%. Daraus kann man ersehen, dass die Pat., die für eine radikale Prostatektomie anstehen, in der Regel biologisch besser dastehen als ihre Altersgenossen. Nach der radikalen Prostatektomie besteht eine Inkontinenzrate von 9%, also höher als in der Kontrollgrupe. Daraus ergibt sich, dass bei der radikalen Prostatektomie tatsächlich ein gewisses Risiko für eine de-novo Inkontinenz besteht.
Sexualität: die Libido nimmt 2 Jahre nach der radikalen Prostatektomie offensichtlich ab, es ist plausibel, dass im Rahmen der Grunderkrankung sich manche Werte etwas verschieben und die Sexualität an Bedeutung verliert.
Während vor der radikalen Prostatektomie 65% der Patienten eine jederzeit verlässliche Erektion hatten, beträgt dieser Prozentsatz nach der Operation nur mehr 5,3 %. D.h. nicht, dass die anderen gar keine Erektion haben, aber eben nicht eine jederzeit verlässliche.
Die Ejakulation fehlt bei allen radikal prostatektomierten Männern, da ja die Samenstränge durchtrennt werden müssen.
Für die Erektion besteht also bei der radikalen Prostatektomie ein sehr realistisches Risiko.


Ich fasse zusammen
Nach radikaler Prostatektomie nimmt die Libido etwas ab, die Erektion ist stark gefährdet, die Ejakulation fehlt in der Regel, für die Inkontinenz besteht ein nur geringes Risiko.
Auf LUTS hat dieser Eingriff in der Regel wenig Auswirkungen. Es ist wichtig zu sagen, dass mit einer solchen Operation allerdings die beste Chance auf eine gute Tumorkontrolle besteht.
Und hier noch eine interessante Zahl, insgesamt verbessert sich emotionell gesehen die Lebensqualität trotz dieser Schwierigkeiten nach einer radikalen Prostatektomie deutlich, weil der Patient 2 Jahre nach einer radikalen Prostatektomie in der Regel die Carcinomangst überwunden hat.



Inkontinenz nach Prostatektomie - Behandlungsmöglichkeiten

Die urologische Abteilung im Landesklinikum Weinviertel Korneuburg hat sich diesbezüglich in den letzten Jahren zu einem Zuweisungszentrum entwickelt, wir haben daher im vergangenen Jahr über 100 Implantate bei männlicher Inkontinenz vorgenommen. Davon 73 Pro-ACT, 29 hydraulische AMS-Sphinkter und 9 Schlingen.

Beim ProACT-Verfahren werden 2 Ballons über einen perinealen Zugang an die Stelle implantiert, wo früher die Prostata war,



diese können später von außen über diese Ventile befüllt werden. Der Vorteil liegt in der Kleinheit des Eingriffs und in der Möglichkeit, dass man eben die Größe dieser Ballons jederzeit nachher verändern kann.


Der hydraulische AMS-Sphinkter ist ein Produkt , das es seit über 20 Jahren gibt, hier wird eine Druckmanschette um die Harnröhre gelegt und eine Pumpe in den Hodensack verlagert, der Patient muss wenn er urinieren will, diese Pumpe betätigen, um den Harnstrahl frei zu geben. Es ist ein sehr bewährtes Produkt.


Wenn wir Schlingenplastiken durchführen, verwenden wir seit einem Jahr das so genannte Remeex-System, auch hier liegt der Vorteil darin, dass der Zug auf die Harnröhre nachträglich noch verändert werden kann.


Ich will auf weitere Details in diesem Zusammenhang jetzt gar nicht eingehen, aber sicher ist, dass bei entsprechender Indikationsstellung heute alle inkontinenten Patienten gut therapierbar sein müssten. Es gibt keinen Grund die Postprostatektomieinkontinenz als schicksalhaftes Ereignis zu akzeptieren oder sich mit abenteuerlichen Konstruktionen selbst zu helfen.


Erektionsstörung nach radikaler Prostatektomie -Behandlungsmöglichkeiten


Die Erektionsstörung nach radikaler Prostatektomie kann man in erster Linie medikamentös behandeln, die Präparate wie Viagra , Cialis und Levitra sind ja in den Medien vielfach beworben. In den wissenschaftlichen Arbeiten kann ein Effekt dieser Medikamente nachgewiesen werden, man muss die Sache aber realistisch sehen. Eine Ansprechrate bei Viagra von 27% heißt noch nicht, dass hier eine kräftige und verlässliche Erektion vorliegt, und diese Ansprechrate bezieht sich auch nur auf Patienten, bei denen bds. das neurovaskuläre Bündel geschont werden konnte.
Bei einer ähnlichen Untersuchung mit Cialis findet sich ein erstaunlich hoher Plazeboeffekt, aber immerhin 40% der Patienten konnten einen Verkehr ausüben.
Eine weitere Möglichkeit ist die so genannte SKAT-Injektion, bei der vasoaktive Substanzen direkt in den Schwellkörper eingebracht werden.




Das sieht zwar recht unangenehm aus, es handelt sich hier aber um dünnste Nadeln wie bei Diabetikern und die Effizienz der SKAT-Injektion ist durchaus bemerkenswert, sie sehen hier einen Patienten nach einer großen Radikaloperation mit einer doch recht schönen Erektion.



Schließlich kann man auch noch eine Schwellkörperprothese implantieren, wo ähnlich wie beim hydraulischen Sphinkter über ein Pumpensystem diese künstlichen Schwellkörper versteift werden können, so dass sich der Penis aufrichtet. Diese Operationen werden zwar nicht sehr häufig durchgeführt, sind aber durchaus erfolgreich. Es gibt dann noch Hilfsmittel wie die Muse-Therapie, bei der eine vasoaktive Substanz in die Harnröhre eingebracht wird, es gibt Penisringe und Vakuumpumpen, nach Radikaloperationen dienen diese Methoden aber höchstens als zusätzliches Hilfsmittel zu den oben genannten Verfahren.
Insgesamt muss man ganz offen sagen, dass nach einer radikalen Prostatektomie die Erektions zwar erhalten sein kann, in aller Regel jedoch nicht mehr in der gleichen Qualität wie vor der Operation.
Wie bei der Inkontinenz ist aber auch hier eine erfolgreiche Behandlung der Erektionsstörung durchaus möglich.



Zusammenfassung

Das subjektive Ergebnis einer Prostataoperation hängt für den einzelnen Patienten ab von der Ausgangslage, von der Erwartungshaltung, d.h. also, daß er korrekt aufgeklärt wurde, es hängt von der spezifischen Auswahl des OP-Verfahrens, natürlich auch von sorgfältigster Operationstechnik und auch von richtiger postoperativer Betreuung ab. Wenn das alles berücksichtigt wird, sollte jeder OP-Kandidat von dem Eingriff profitieren.
Sollte wirklich eine Inkontinenz oder Impotenz auftreten, können beide gut behandelt werden.
Auf keinen Fall sollte jedoch aus Sorge um die Komplikationen von einer notwendigen Operation Abstand genommen werden.





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