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I N K O N T I N E N Z    M A N N

INKONTINENZ MANN > schwierige Fälle


LÖSUNG HOCHKOMPLEXER PROBLEME BEI MÄNNLICHER INKONTINENZ



Fazit:

Unter Wahrung der notwendigen Voraussetzungen wie Blasenkapazität, Niederdrucksystem und Deobstruktion können hochkomplexe Fälle durch Begleitmaßnahmen erfolgreich behandelt werden. Für diese Patienten ist die Implantation eines dynamischen Systems mit „Auf/Zu-Mechanismus“ notwendig. Nicht zuletzt wegen des hohen Leidensdruckes ist die Zufriedenheitsrate extrem hoch, in unserer kleinen Gruppe betrug die Akzeptanz 100%.

Die Belastung durch die Sphinkterimplantation ist als minimal zu bezeichnen, die Verbesserung der Lebensqualität ist enorm. Der Kostenfaktor ist unseres Erachtens gerade im Hinblick auf die Kosten onkologischer Therapieansätze vernachlässigbar , der Einfluß auf die Lebensqualität des Patienten in der Regel weit günstiger. Dementsprechend kann die Indikation zu derartigen Eingriffen basierend auf den Erfahrungen im Bereich der männlichen Inkontinenz heute gestellt werden. Entsprechende Erfahrung in der Behandlung derartiger Patienten ist notwendig.



Sowohl fortgeschrittene Tumorsituationen im unteren Harntrakt wie auch neuro-urologische Veränderungen können zu hochkomplexen Blasenentleerungsstörungen sowohl im Sinne einer Obstruktion wie auch zur Inkontinenz führen. Faktoren wie gestörte Speicherfunktion, Lokalrezidiv, Strahlenschäden oder Sphinkterlaesionen können die willkürliche Harnentleerung massiv beeinträchtigen. In der Vergangenheit wurden derartige Situationen teilweise als schicksalshaft angenommen, vielfach wurden suprapubische Harnableitung, Selbstkathterismus oder auch Dauerkatheterismus als einzige Lösungsmöglichkeit in Betracht gezogen. Gerade der Einsatz des artefiziellen Sphinkters (AMS 800) wurde wegen der vermeintlich aufwendigen Implantationstechnik sowie der Kosten oft als nicht indiziert betrachtet.

Durch die rasante Entwicklung bei der Entwicklung neuer therapeutischer Möglichkeiten im Bereich der männlichen Inkontinenz kann heute von diesbezüglich von besserem Verständnis und höherer Expertise ausgegangen werden. Durch eine komplexe Vorgangsweise gelingt es uns heute auch in Fällen mit schwierigsten Bedingungen, Voraussetzungen für eine zufriedenstellende Miktion zu erzielen.



Speicherfunktion der Blase


Eine zufriedenstellende Harnentleerung ist nur bei vorhandener Speicherfunktion der Blase (Niederdrucksystem) zu erzielen. Bei neurologischen und entzündlichen Erkrankungen der Blase kann diese Funktion massiv eingeschränkt sein, sodaß eine Blasenaugmentation oder die Anlage einer Neoblase notwendig werden kann.


Deobstruktion

Eine weitere Voraussetzung für die zufriedenstellende Miktion ist der ungehinderte Harnabfluß. Rezidivierende Anastomosenstenosen mit oder ohne stattgehabter Strahlentherapie oder Lokalrezidive sind beim onkologischen Patienten immer wieder anzutreffen. Mit Blick auf die geplante Sphinkterimplantation muß hier eine nachhaltige Deobstruktion erfolgen. Dies erfolgt durch tiefe transurethrale Incision bzw.Resektion, fallweise muß eine Stentimplantation (Memotherm) das Ergebnis absichern (Abb.1). Bei der neuro-urologischen Fragestellung erfolgt die Sphinkterotomie, auch hier kann eine Stentimplantation die Deobstruktion absichern.


Abb. 1 __
Memotherm in situ





Willkürmiktion / Dynamische Sphinkterfunktion


Nach Sicherung der Voraussetzungen im Sinne der Speicherfunktion und Deobstruktion erfolgt die Implantation des dynamischen artefiziellen Sphinkters (AMS 800). Damit wird dem Patienten die Willkürmiktion ermöglicht. Obzwar in der komplexen Situation spezielle Operationstechniken (Tandem-Cuff, transcorporeale Cuffpositionierung, Adjustieren des Systemdrucks, etc.) eingesetzt werden, ist die Implantation des artefiziellen Sphinkters gegebenenfalls als technisch anspruchsvoll, jedoch keinesfalls als invasiv anzusehen.




Fallbeispiel


Patient S.K., geb. 1947.

April 2005 Diagnose eines Prostataca., PSA 12,4 ng/ml.

Juni 2006 retropubische pelvine Lymphadenektomie, wegen 2 pos. Lymphknoten Abbruch des Eingriffs, Einleitung einer LH-RH-Therapie.

September 2005 Entwicklung einer Schrumpfblase, die auswärts als IC diagnostiziert wird. Nach Ausschöpfen der konservativen Therapie inkl. Botox wird der Zustand als schicksalshaft eingestuft und der Pat. mit einem suprapubischen Katheter versorgt. Er leidet in der Folge unter permanenten Schmerzen sowie Harnverlust trotz offener suprapubischer Harnableitung. Der Pat. ist zu diesem Zeitpunkt präsuizidal.

Juli 2006 Vorstellung des Pat. wegen Schmerzen und Inkontinenz. Nach ausführlicher Aufklärung erfolgt im Okt. 06 eine radikale Cystoprostatektomie und Lymphadenektomie (pT4, GS9, R+). Das PSA nunmehr 0,3 ng/ml, Übergang auf eine intermittierende Androgenblockade.

Oktober 2007 nach mehr als einem Jahr zufriedenstellender Willkürmiktion, rezidivierendes Auftreten von Anastomosenstenosen. Diese werden teilweise dilatiert, teilweise incidiert und reseziert. Kein Hinweis auf Lokalrezidiv. Zunehmende Einschränkung der Lebensqualität in erster Linie wegen der Limitierung seiner Reisetätigkeit als Folge der Angst vor akuter Retention.

März 2009 Implantation eines Memothermstents mit gleichzeitiger Sphinkterimplantation (Abb. 2). Nach Aktivierung des Sphinkters miktioniert der Pat. Volumina bis 700ml, kein Restharn. Der Zustand ermöglicht ihm nahezu ungestört seinen Hobbies nachzugehen. Die Therapie der Grunderkrankung erfolgt weiterhin durch intermittierende Androgenblockade mit PSA-Werten zwischen 1,4ng/ml und 11 ng/ml.

Januar 2010 Wohlbefinden, ungestörte Willkürmiktion, nachts 0x, keine Vorlage



Abb. 2 __ AMS 800 mit simultanem Stent







Ergebnisse

Im ersten Quartal 2009 führten wir eine telefonische Patientenbefragung nach 558 Eingriffen während des Zeitraums 1999 bis 2008 durch. 41% waren Rezidiveingriffe. Von den befragten Patienten gaben 87 % an, den Eingriff weiterempfehlen zu wollen. Dabei fiel auf, daß besonders ein hoher Leidensdruck präoperativ, eine hohe Zufriedenheit postoperativ zufolge hatte. Seit Ende 2007 haben wir 5 Patienten mit komplexer Blasenentleerungsstörung behandelt. Die Grunderkrankungen waren 3 x PCA, 1 x N.ves., 1 x Konus-Cauda-Syndrom. 3 von 5 Patienten hatte eine Neoblase/Augmentation, 3 von 5 eine lokale Strahlentherapie und 4 von 5 eine palliative Tumorsituation. Die Sphinkterimplantation dauerte im Schnitt 60,4 Min. (3 x simultaner Memotherm). Seit der Operation sind die Patienten trocken, miktionieren mit einem durchschnittlichen Flow von 28ml und einem Restharn von 20ml, die Blasenentleerung erfolgt 5-8 x in 24 Stunden. Der Follow up beträgt zur Zeit 19,2 Monate. Im Vergleich zum befragten Gesamtkollektiv hat die Gruppe der komplexen Fälle von dem Eingriff noch mehr profitiert (Tabelle 1). Bisher ist kein Patient auf dieser Gruppe verstorben.


Tabelle 1

Ergebnisse bei komplexer Blasenentleerungsstörung
  Gesamtkollektiv komplexe Fälle
Mean Age
68,9a 58,8a
Mean FU.mts
43 19,2
sehr / zufrieden %
71 100
weiter empfehlen %
87,0 100
20 min. Pad
6,8 => 0,6 8,8 => 0,7




 



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